Das Onsernonetal und die Partisanen: Zwei Bücher neu aufgelegt.

Zwei Schweizer Bücher zum Thema Partisanen und Ossola-Republik 1944 – beide neu aufgelegt.

Es sind zwei Titel, die schon vor einiger Zeit erschienen sind und neu aufgelegt wurden: 2024 ist es nämlich 80 Jahre her, seit den 40 Tagen der Republik Ossola. Mit dem Ossolotal hatte man in den Tessiner Bergtälern enge Kontakte, besonders gilt dies für das abgelegene Onsernonetal.

Dort ist die Handlung des ersten Buches angesiedelt: Aline Valangnins Buch „Dorf an der Grenze“. Alltag im Onsernonetal im Zweiten Weltkrieg. Die Männer waren grösstenteils weg, in der Armee oder in der Deutschweiz am Arbeiten. Die Frauen und die Kinder besorgten den Hof und die Tiere. Das Dorf an der Grenze – vielleicht ist es Spruga – hatten die Schmuggler ihre Verstecke aber auch ihre Liebschaften. Man stand den Partisanen auf der anderen Seite der Grenze nahe.

Die Autorin selber lebte ab 1936 im Tessin und schreib bereits früh ein erstes Buch über diese Gegend: „Die Bargada“ – auch hier steht ein Hof im Mittelpunkt; derselbe Hof, der dann auch im zweiten Buch auftaucht. Das Buch „Die Bargada“ wurde bereits 1940 ein erstes Mal veröffentlicht. Für den Titel „Dorf an der Grenze“ finde ich kein Datum. Es erschien 2002 ein erstes Mal im Limmat Verlag in Zürich. Im März 2023 folgte eine Neuauflage, gerade rechtzeitig zum Jubiläum 2024.

Zur Autorin finde ich auf der Verlagsseite einen Satz von Hermann Hesse:

«Diese begabte und mutige Erzählerin sucht nicht idyllische Hirten oder Weinbauern im Tessin, sondern die urtümlichen, zähen, wilden Leidenschaften im Volk, und mit Vorliebe, ja fast ausschließlich sind es die Besitzwut, die Habsucht, der Geiz, den sie sucht, studiert und schildert. Unnötig zu sagen, dass sie dieselben Eigenschaften und Laster überall hätte finden können, dass sie nicht spezifisch tessinisch sind.»

Überhaupt ist diese Aline Valangin eine interessante Figur, so interessant, dass ihr die Schweizer Schriftstellerin Eveline Hasler eine eigene Biografie widmete: „Aline und die Erfindung der Liebe“, erschienen im Jahr 2002 beim Verlag Nagel & Kimche.

Erstausgabe 1990 links und Neuauflage 2022. Bild PD

Der zweite Titel „Die unsichtbaren Dörfer“ von Gino Vermicelli spielt in derselben Region und doch ist er vollkommen verschieden. Es ist ein Roman, der im Partisanenmillieu spielt, das der Autor selber bestens kannte, denn er war selber ein Partisan. Sein Buch schrieb er aber aus grosser zeitlicher Distanz erst vierzig Jahre nach dem Krieg. Vermiceli (1922 – 1988) kämpfte als Partisan in den Garibaldi-Brigaden und bekleidete gegen Ende des Krieges eine hohe Position in der Partisanenhierarchie im Ossolotal. Später arbeitete er als Journalist. „Die unsichtbaren Dörfer“ ist sein einziges Buch.

Auch dieser Titel – erschienen 1990 ein erstes Mal und wurde 2022 wieder aufgelegt. Es hat eine andere Tonalität als der Titel von Aline Valangin. Die Partisanen sind die Helden des Autors – was durchaus nachvollziehbar ist. Sein heroisierender Stil macht es aber dem Leser bisweilen schwer und gelegentlich fragt man sich, ob das jetzt nicht ein bisschen gar kitschig sei. Das mag auch dem Verlag aufgefallen sein, denn für die Neuauflage 2022 wähle er ei neutraleres Cover. Trotzdem ein wichtiges Zeugnis einer bewegten Zeit und eine anregende und leichte Lektüre.

Literatur

  • Aline Valangin: Dorf an der Grenze. Zürich Limmat Verlag 2023. Link
  • Guido Vermicelli: Die unsichtbaren Dörfer. Zürich Rotpunkt Verlag 2022. Link
  • Eveline Hasler: Aline oder die Erfindung der Liebe. Zürich Nagel & Kimche 2000. Link

Zwei Texte zum Thema Partisanen in der Schweiz im Zweiten Weltkrieg