Viehschau im Tösstal: Die schönsten und die besten

Nach einem Jahr Zwangspause führte Turbenthal diesen Samstag in Neubrunn wieder eine Gemeindeviehschau durch. 130 Tiere von 8 Bauern waren dabei.

Es war ein kühler Samstagvormittag – aber das tat der Zufriedenheit der Teilnehmer keinen Abbruch: Beim Hof der Familie Stahel in Neubrunn standen die Tiere schon um 09.30 in zwei Reihen bereit: links die Holsteinrinder, rechts das Braunvieh. Die Juroren taten ihre Arbeit unter den strengen Blicken der Zuschauer, fast alles Bauern aus der Umgebung, der Frauenverein Neubrunn sorgte in der Scheune für Kaffee, Getränke und Würste.

Die Braunen stehen in Reih und Glied, dahinter die Holsteiner. Foto Dominik Landwehr

Ein Fest fürs Auge – aber für den Aussenstehenden nicht ganz einfach zu verstehen, was genau passierte: Walter Fehr, Turbenthaler Gemeinderat und Präsident der Schaukomission half dem Berichterstatter: Total sind 13 Kategorien – hier Abteilungen – am Start. Die Rassen werden separat bewertet, für jedes Alter – die Fachleute reden von Laktationen –  gibt’s eine eigene Kategorie. Roman Auer ist einer der beiden Juroren, er kommt aus Wetzikon und ist damit neutral. Seine Begriffe tönen etwas trocken, wenn er erklärt, worauf es ankommt:  Auf den Rahmen, das Becken, das Fundament (Gangart), die Euter und die Zitzen. Auer muss schnell urteilen – Massstab ist das Zuchtziel, das ist vorgegeben. «Alle Eigenschaften haben mit der Wirtschaftlichkeit zu tun. Ein schöner Euter zum Beispiel zeugt von Gesundheit und das wirkt sich auf die Milchleistung aus», sagt er.  Bei jeder Gruppe legt er dann die Reihenfolge fest und erklärt sie den Zuschauern.

Nathalie Stahel protokolliert im Hintergrund sorgfältig. Foto Dominik Landwehr

Das Ganze passiert fast ohne Papier und ohne Anzeigen. Im Hintergrund wird aber sorgfältig protokolliert. Neben den Kuhreihen treffe ich die Protokollführerin: Nathalie Stahel. Sie schreibt mit, was die beiden Juroren entscheiden, als Gastgeberin und Bäuerin versteht sie genau, was hier abläuft. Eine eigene Siegerehrung gibt’s nicht mehr, die Beurteilung wird jeweils vor Ort abgegeben. Der Sieger in jeder Kategorie erhält einen Wanderpreis: Eine Kuhglocke, die er im Folgejahr wieder abgeben muss und deshalb hängen auch alle Glocken ordentlich in der Scheune der Familie Stahel, bis sie ihren neuen Besitzer finden.  Am 18.November gibt es im Alpstall Schnurrberg nochmals eine Versammlung, dort werden die Resultate schriftlich mitgeteilt.

Der Ring für die Kühe – hier werden sie beurteilt. Foto Dominik Landwehr

Beurteilt wurden die Eigenschaften, nicht die Leistung. Mit einer Ausnahme: An der Viehschau wurden beiden Kühe mit der höchsten Milchleistung ausgezeichnet: So hat die Kuh Helene von Felix Stahel bisher 93 000 Kilo/Liter Milch produziert, die Kuh Lola von Andreas Bärtschi aus Neubrunn 83 000, nicht ohne Stolz führen die beiden Bauern ihre Tiere vor.

Andreas Bärtschi und Felix Stahel mit ihren preisgekrönten Kühen. Dominik Landwehr


Die Viehschau wird erst seit 2014 von der Gemeinde Turbenthal durchgeführt – vorher haben das die Bauern selber organisiert. Seitdem sind auch Holsteinrinder bei der Vorführung dabei. Was bedeutet es für die Teilnehmer: «Es ist einfach eine Tradition, aber es erlaubt auch eine Standortbestimmung. Wir sehen etwa, wo wir im Vergleich mit anderen Züchtern stehen», sagen Felix Stahel und  Andreas Bärtschi übereinstimmend.

Manchmal brauchte es etwas Überzeugungskraft um die Kuh dahin zu bringen wo sie hätte stehen sollen. Foto Dominik Landwehr

Höhepunkt und Schluss des Anlasses bildete der Kinderwettbewerb: rund 25 Kinder durften hier ein Kalb vorführen. Jonas Bärtschi führt ihr Holsteinkalb vor – die Mutterkuh ist auch den «Grossen» zu sehen. Bei diesem Wettkampf gibt es keine Sieger, alle Kinder erhalten einfach ein kleines Geschenk.

Eindrücke vom Kinderwettbewerb. Foto Dominik Landwehr
Gemeinderat Walter Fehr – er ist auch Präsident der Schaukommission – interviewt eine der Teilnehmerinnen des Kinderwettbewerbs. Foto Dominik Landwehr

Am Rand der Viehschau ergeben sich interessante Gespräche: Gäste und Teilnehmer sind entspannt und haben Zeit für einen kleinen Schwatz: Der 73 jährige Alfred «Fredl» Gibel erzählt von seinem Grossvater, er sei der letzte Postillon gewesen und habe die Strecke Turbenthal-Eschlikon mit der Postkutsche bedient. Im Gespräch finden wir heraus, dass das Ende des 19.Jahrhunderts gewesen sein muss. Neben ihm steht Adrian Ritzmann, der nach 26 Jahren aufhört als Bauer und sich auf seinen Zweitberuf als Dachdecker konzentriert: Sein Hof sei zu klein, die Anforderungen immer höher, der Milchpreis immer tiefer geworden, erzählt er uns. Mitfiebern wird er aber auch in Zukunft noch.

Alfred „Fredl“ Gibel und Adrian Ritzmann – kritische Zaungäste an der VIehschau. Foto Dominik Landwehr
Die Gäste wissen, worum es geht. Foto Dominik Landwehr