Stalin-Souvenirs und Stalin-Verehrung

Der Diktator Joseph Stalin war ein Georgier. Geboren wurde er 1878 in Gori und dort ist heute auch Stalin-Museum. Überhaupt ist das Thema Stalin in Georgien gar nicht tabu.

Das beginnt im Weinshop wenige Minuten von unserem Hotel in der Altstadt von Tiflis. Stalin-Wein und Stalin-Cognac sind dort prominent platziert und finden offenbar reissenden Absatz. Wir lassen es bei ein paar Fotos bewenden. Zwar haben wir von der Stalin-Verehrung in Georgien gehört, die Beobachtung irritiert uns aber doch. Auf unserem Weg nach Swanetien im Süden Georgiens machen wir in Gori Halt: Hier wurde Joseph Stalin 1878 geboren und hier gibt’s ein Stalin-Museum.

Stalin-Statue vor dem Stalin-Museum in Gori. Foto Dominik Landwehr Juli 2018

Ausserhalb des Museums wird eine Bauernkate präsentiert, sie soll angeblich das Geburtshaus von Stalin gewesen sein, entsprechechend wird das Haus mit einem eigenen Bau geschützt.

Angebliches Geburtshaus Stalins. Foto Dominik Landwehr Juli 2018
Die Bauernkate, in der Stalin 1878 geboren sein soll, ist von einem monumentalen Bau umgeben.

Im Museum selber stossen wir dann zuerst wieder auf die uns bereits bekannten Souvenirs.

Souvenirs im Stalin-Museum von Gori. Foto Dominik Landwehr Juli 2018.

 

Die Ausstellung ist in russischer Sprache und deshalb schwer zugänglich, wir beschränken uns auf Fotos und Bilder – jene die zu sehen sind und jene, die nicht zu sehen sind. Ein Bild von Leo Trotzki etwa, dem grossen Gegenspieler von Stalin, findet sich nirgends. Kein Wunder, liess Stalin den 1879 geborenen doch bereits 1940 ermorden. Dafür finden wir etliche Darstellungen von Lenin, der bereits 1924 verstarb und Stalin wohl deshalb nicht so gefährlich werden konnte.

Stalin im Gespräch mit Lenin. Teppich im Stalin-Museum in Gori. Foto Dominik Landwehr Juli 2018

 

Stalin-Kult im Stalin-Museum von Gori. Foto Dominik Landwehr. Juli 2018

Zu den interessantesten Objekten gehört der Eisenbahnwagen vor dem Museum, mit dem Stalin gereist ist. Dafür braucht es zwar ein eigenes Ticket, die Besichtigung lohnt sich aber. Keine Überraschung, kein Pomp. Schlichte Räume zum Schlafen, zum Arbeiten und ein Konferenzraum für vielleicht 5-7 Personen.

Stalins Eisenbahnwagen. vor dem Stalin-Museum in Gori. Foto Dominik Landwehr Juli 2018
Das Innere von Stalins Eisenbahnwagen. vor dem Stalin-Museum in Gori. Foto Dominik Landwehr Juli 2018

Ist das nun einfach Folklore oder mehr? In der Neuen Zürcher Zeitung NZZ vom 4.Juni 2018 finden wir einen aktuellen Artikel – ein Gespräch mit dem georgischen Historiker Lascha Bakradze. Die Stalin-Verehrung beschränkt sich nach seinen Worten nicht auf Georgien, sondern ist in ganz Russland zu finden.

„Stalin ist längst zu einem Teil der Folklore geworden. Nach wie vor gibt es viele Anekdoten über ihn. Manche verehren ihn. Ich bin aber nicht der Meinung, dass das die Mehrheit ist. Seine derzeit hohe Popularität in Russland verstärkt aber pro-stalinistische Stimmungen in Georgien. Auf alle Fälle ist es in Georgien kein Tabu, auch positiv über Stalin zu sprechen.“

Im gleichen Artikel lesen wir auch, dass verschiedentlich über eine Neukonzeption des berühmten Stalin-Museums diskutiert wurde. Geschehen sei aber bisher noch nichts. Immerhin wurde offenbar eine Monumentalstatue des Diktators vor dem Museum entfernt.

Joseph Stalin ist neben Adolf Hitler eine der grossen Schreckensfiguren des 20.Jahrhunderts. Anders als Hitler war Stalin aber ein Verbündeter der USA und hat mitgeholfen, Europa von der Nazi-Diktatur zu befreien. Der Preis dafür war entsetzlich: Zwischen 20 und 37 Millionen Toten auf sowjetischer Seite. Über die genaue Anzahl herrscht offenbar bis heute kein Klarheit

Bei der Konferenz von Jalta im Februar 1945 soll Stalin dem britischen Kriegspremier Winston Churchill georgischen Cognac gereicht haben. Das dürfte eine der letzten freundschaftlichen Gesten gewesen sein – das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8.Mai 1945 war gleichzeitig auch der Beginn des Kalten Krieges zwischen der Sowjetunion und dem Westen und die Folgen davon sind bis heute nicht ausgestanden.

Ein Propaganda-Bild des Diktators, das einem das Blut in den Adern stocken lässt. Gori 2018. Foto Dominik Landwehr