Militärdienst für Frauen

In meinem Standpunkt vom 28.März 2015 im Tössthaler habe ich mich mit der Frage eines Bürgerdienstes für alle befasst.


Der Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft hat vor einigen Wochen eine alte Forderung neu lanciert: Die Dienstpflicht für Frauen. Er hat einen günstigen Zeitpunkt für seine Forderung gewählt: Es kriselt allenthalben: In Syrien ist keine Lösung des Bürgerkrieges in Sicht und die Hälfte der Bevölkerung ist auf der Flucht, in Israel hat gerade der Vertreter der Hardliner die Wahlen gewonnen und das lässt für den Friedensprozess in Palästina nichts Gutes hoffen. Die Terroristen des sogenannten Islamischen Staates drohen damit, auch in Europa zuzuschlagen. Am meisten beunruhigt dürfte man in hierzulande aber vom Waffengang in der Ukraine sein. Putin droht den Europäern neuerdings unverhohlen und erklärt, dass auch Atomwaffen für ihn kein Tabu mehr sind. Wahrlich. Die Welt ist aus den Fugen.
Soll es also eine Dienstpflicht für Frauen geben? Norwegen hat dies soeben eingeführt. In Israel ist sie Standard. Warum also nicht auch in der Schweiz? ̶ Wer die politischen Verhältnisse hierzulande kennt, weiss: Die Forderung ist praktisch chancenlos. Und auch mit einer Volksinitiative liesse sich kaum Staat machen dafür. Sollen wir also zur Tagesordnung übergehen und uns um scheinbar wichtiger Fragen kümmern? – Nein!
Eine Diskussion über eine allgemeine Wehrpflicht für Frauen würde uns gut tun. Allerdings nicht in der Form, die dem Präsidenten der Offiziersgesellschaft möglicherweise vorschwebt. Was wir brauchen, ist eine Diskussion über den Wert der gemeinnützigen Arbeit. Und genau hier, würde ein obligatorischer Bürgerdienst Sinn machen. Militärdienst ist eigentlich nichts anderes als ein Dienst am Gemeinwesen ̶ auch wenn das viele anders sehen mögen: Unsere Armee dient der Sicherheit unseres Landes und davon profitieren alle. Bereits heute gibt es die Möglichkeit diese Dienstpflicht bei einer zivilen Organisation zu leisten. Hier stehen wiederum gemeinnützige Institutionen an vorderer Front. Die Liste ist erstaunlich lang und umfangreich und umfasst Einsätze im Gesundheits- und Sozialwesen, in der Kulturgütererhaltung, im Umwelt- und Naturschutz, im Forstwesen und in der Landschaft, in der Entwicklungszusammenarbeit und in der humanitären Hilfe.
Ein Obligatorium könnte ganz einfach vorschreiben, wie viele Tage jede Bürgerin und jeder Bürger für gemeinnützige Aufgaben aufwenden muss. Dabei könnte offen bleiben, ob dieser Dienst bei einer militärischen oder einen zivilen Stelle geleistet wird. Für den Militärdienst sind heute 290 Tage vorgeschrieben, beim Zivildienst sind es 1.5 Mal soviel, also maximal 390 Tage. Beim Militärdienst gibt’s schon heute Rabatt. Das könnte ja so bleiben, denn es soll weiterhin attraktiv sein, Militärdienst zu leisten. Ein solches Obligatorium für alle würde uns gut tun und gleichzeitig auch helfen, einige drängende Probleme zu lindern. Dazu zählt etwa der ständige Mangel an Arbeitskräften im Pflegebereich. Tatsächlich braucht es nicht für jede Tätigkeit in der Betreuung ein Diplom und wer Kinder grossgezogen hat, hat hier sicher schon mal eine gute Qualifikation. Und gleichzeitig würde es der Armee auch neues Personal zuführen. Wer denkt, dass Frauen einen zivilen Dienst einem militärischen in jedem Fall vorziehen würde, hat möglicherweise ein überholtes Frauenbild.
Und noch etwas: Für diesen Dienst sollte auch die ausländische Wohnbevölkerung beigezogen werden. Das sind zur Zeit immerhin 20 Prozent der gesamten Bevölkerung, fast zwei Millionen und auch wenn lange nicht alle unter ein mögliches Obligatorium fallen würden käme hier eine stattliche Truppe zusammen. Der Bürgerdienst wäre wiederum ein Beitrag zur Integration dieser Bevölkerungsgruppe.
Utopisch? – Mag sein. Aber wir brauchen Visionen und Ideen für die Zukunft. Wir sind mit dieser Diskussion übrigens in bester Gesellschaft. Schon 2013 lancierte der liberale Think Tank Avenir Suisse die Idee eines Bürgerdienstes und stellte fest, dass ein Bürgerdienst für alle gerechter sei als die Wehrpflicht.
PS. Für allfällige Gwundernasen: Der Schreibende hat auch eine militärische Karriere vorzuweisen, wenn auch eine eher ungewöhnliche. Sie führte von der absoluten Dienstuntauglichkeit über den Zivilschutz zum Hilfsdienst genannt HD. Als dieser abgeschafft wurde avancierte der Schreibende zum richtigen Soldaten und zur Krönung der Laufbahn gabs sogar eine Beförderung zum Fachoffizier.

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