Lisbeth hat sich die Brust vergrössern lassen. Diese Nachricht hat mich überrascht, um nicht zu sagen schockiert. Hätte ich ihr nicht zugetraut. Aber irgendwie ist sie doch immer gut für Überraschungen. Hm. Gehört diese Nachricht überhaupt hierher? –
Seit wann schreibt Sternenjäger über Dinge, die doch eindeutig in den privaten Bereich gehören. Nun, wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über. Aber eigentlich kenn ich Lisbeth noch nicht lange. Meine Bekanntschaft ist kaum zwei Wochen alt ich muss sagen, wir haben schon ziemlich viel Zeit miteinander verbracht. Tage, aber auch Nächte. Und was für welche, ich konnte kaum noch schlafen. Kennengelernt hatte ich sie durch meine Chefin.
Warum das ungewöhnlich ist: Nun Lisbeth ist zwischen 20 und 30, sieht ziemlich schräg aus, eher punkig, klein, dünn, Tattoos überall und natürlich auch Piercings, auch dort, wo sie nicht hingehören. Sozial ist sie ein wenig speziell: Verschlossen, um nicht zu sagen paranoid. Schwierige Kindheit, deshalb hat sie wohl auch zu Gewalt ein, sagen wir es mal diplomatisch, spezielles Verhältnis. Im Klartext: Sie schlägt schon mal drein und wenn sie das tut, dann meist mit durchschlagendem Erfolg. Zu den Besonderheiten von Lisbeth gehören ihre Computerkenntnisse vor allem im Bereich Datensicherheit…habe ich mich deutlich ausgedrückt?
Nun, ich will das Geheimnis lüften und ihren ganzen Namen preisgeben: Lisbeth heisst mit dem zweiten Namen Salander und sie ist (leider) kein Mensch aus Fleisch und Blut sondern eine Romanfigur, des schwedischen Krimi-Autors Stieg Larsson, der seinerseits auch bereits nicht mehr unter den Lebenden weilt. Lisbeth ist eine der beiden Hauptakteure in der Romantrilogie „Verblendung – Verdammnis – Vergebung“ und macht seit geraumer Zeit Furore unter den Krimi-Fans. Bei mir ist das so weit gegangen, dass ich sogar meine John Le Carré Sucht kurzzeitig unterbrochen habe.
Warum ich das schreibe: Nun, heute ist Sonntagabend und ich habe den zweiten Band, den ich eben erst gekauft hatte, fertig gelesen, sitze jetzt gewissermassen auf dem Trockenen. Schlimm daran ist auch der Gedanke, dass es nach dem dritten Band – schöne 800 Seiten – endgültig zu Ende ist. Bücher, die man so schnell liest, sollte man in der Bilbiothek ausleihen, dachte ich und Susanna sagte es sogar laut. Fehlanzeige: Ist natürlich ausgeliehen und hat bereits vier Vorbestellungen. Nun gut, der Buchhandel soll auch leben.
Ich wäre definitiv ein Spielverderber, wenn ich jetzt noch weitere intime Details aus meiner Beziehung zu Lisbeth ausplaudern würde. Vielleicht nur noch einen Gedanken zum Schluss: Das Schöne an diesen Krimis (gilt übrigens auch für John le Carré) ist, dass sie nicht von der Handlung getrieben sind und von Höhepunkt zu Höhepunkt eilen. Stattdessen präsentieren sie Charakterstudien, plastisch, glaubwürdig, zum Greifen nah. Meine Bekannte C, die ich gestern im Bus traf, hatte natürlich die Bücher auch schon gelesen. Sie meinte: „Lektüre von solchen Büchern tröstet mich immer. Ich habe dann das Gefühl, ich sei nicht die Einzige, die etwas komisch ist“.
Homepage von Stieg Larsson. Seine Bücher sind über den Buchhandel erhältlich…