Feldpost 1914/18 (10): 1916 – zweimal Fronturlaub

Zweimal hat der Kanonier Joseph Landwehr im Jahr 1916 Fronturlaub. Einmal an Ostern und ein zweites Mal im Oktober. Und beide Male besucht ihn seine Frau Emma mit ihrem gemeinsamen Sohn. Zum Urlaub gehört offenbar auch immer der Besuch beim Fotografen.
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Übertrieben? – Nun, die beiden haben wohl dasselbe gemacht, wie Millionen von anderen Zeitgenossen. Die Fotografie war in der Zeit des ersten Weltkriegs ungeheuer populär, sagt Peter Pfrunder, Direktor der Fotostiftung Schweiz. Mit der Einführung des Negativverfahrens war die Fotografie populär und erschwinglich geworden und Fotostudios waren allenthalben zu finden und beim Publikum beliebt.
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Das erste Bild entstand an Ostern 1916 und wurde in Konstanz fotografiert. An welchem Datum war Ostern in jenem Jahr? – Ein Blick ins Internet ergibt: Ostern war 1916 früh und zwar vom 21.-24 April 1916. Das Bild wurde gleich auf der Vorderseite beschriftet:
Zur Erinnerung
an unsere
Glückliche Ostern
1916
in Konstanz
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Das zweite Bild entstand zwischen dem 11. und 25 Oktober 1916 und wurde in Lörrach fotografiert. Der Fotograf benutzte für die Abzüge vorgedrucktes Fotopapier auf der sein Name gleich mitaufgedruckt war:
Rob.Trefzger, Hofphot.Lörrach
(Platte bleibt für Nachbestellungen aufbewahrt)
Diese wenigen Angaben sind interessant. Schon eine einfache Internetsuche ergibt einen Treffer: Das Fotohaus Trefzger existiert heute noch. Auf der Website des Fotogeschäftes lesen wir:
«Gegründet wurde es 1897 von Robert Trefzger der als damaliger badischer Hoffotograf das Haus, zusammen mit seiner Frau, eröffnet hat. Nach dem Tod von Robert Trefzger schaffte es seine Frau Anna, nicht nur in den wirren Jahren des Krieges, sondern auch danach das FOTOHAUS am Leben zu erhalten und übergab es dann an ihren Sohn Dr. Erwin Trefzger. »
Interessant auch der Hinweis, dass damals auf Platte fotografiert wurde. Zu vermuten ist, dass es sich um Glasplatten handelte.Weiter nun mit der handschriftlichen Botschaft auf der Rückseite der Fotopostkarte
Erinnerung
an meinen dritten
Urlaub
vom 11.bis 25.Okt.
1916
für meine liebe Frau
mit Kind
Joseph Landwehr
Behüt Euch
Gott
Auf Wiedersehen
Und schenke uns
eine baldige frohe
Heimkehr
Der Text erscheint seltsam distanziert. Warum schreibt Josph Landwehr so unpersönlich «für meine liebe Frau mit Kind»? Einmal mehr müssen wir die Antwort schuldig bleiben.
Beide Bilder sind sorgfältig inszeniert, im Stil der Zeit arrangiert und perfekt ausgeleuchtet und belichtet. Die Abzüge wirken heute, fast hundert Jahre nach ihrer Entstehung, frisch wie am ersten Tage. Zwar lassen sich die Kontraste in der digitalen Bildbearbeitung etwas verstärken, aber das Bild verliert damit.
1916-ostern-detail.jpg
Wie hoch die Qualität der Fotos ist zeigt sich in der Detailansicht etwa des zweiten Fotos. Es wirkt auch in der Vergrösserung gestochen scharf und zeigt einen hohen Detailreichtum sei es in den Gesichtszügen oder in den Kleidern.
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Copyright Text und Bild: Dominik Landwehr
Winterthur 2014
dlandwehr at bluewin.ch

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