In Memoriam Oskar Stürzinger (1920 – 2011)


Aus Monte Carlo erreicht uns in diesen Tagen die Nachricht vom Tod von Oskar Stürzinger. Er starb bereits am 23.Juli 2011 im Alter von 91 Jahren. Oskar Stürzinger war der erste Schweizer Angestellte der Firma Crypto AG in Zug, heisst es in einer Mitteilung des Nachlassverwalters.


Kryptografie war sein Beruf und seine Leidenschaft – ohne sie hätte ich ihn nie kennengelernt: Oskar Stürzinger meldete sich bei mir im Jahr 2001 nachdem er einen Artikel von mir in der NZZ zum Thema Kryptografie gelesen hatte. Seitdem waren wir befreundet.

Die Fotos entstanden im Jahr 2001: Wir hatten Oskar Stürzinger eingeladen um Jugendlichen eine der Chiffriermaschinen der Firma Crypto AG aus den 50er Jahren vorzuführen. Der 80jährige erledigte die Aufgabe mit Bravour, das Publikum folgte seinen Ausführungen mit grösstem Interesse.

Aus seinem Leben sind mir nur einige Bruchstücke bekannt: Oskar Stürzinger wurde am 5.Dezember 1920 in Winterthur-Töss geboren. Er studierte anfangs der 40er Jahre an der ETH Zürich Elektroingenieur. Schon bald nach dem Studium lernte er den legendären schwedischen Unternehmer Boris Hagelin kennen. Hagelin hatte vor dem Krieg Chiffriermaschinen entwickelt und konnte unter anderem der US Armee ein Patent für eine der meistgebauten Chiffriermaschinen des Zweiten Weltkrieges verkaufen: Gemeint ist die legendäre M-209.

Boris Hagelin verliess Schweden, weil ihm das Land Exportbeschränkungen für seine Geräte machte. Warum er genau in die Schweiz kam, ist mir nicht bekannt. Soviel ich weiss, war aber Oskar Stürzinger war sein erster Angestellter – seine erste weibliche Angestellte wurde bald danach die Frau von Oskar.

Oskar Stürzinger blieb der Firma bis zu seiner Pensionierung Mitte der 80er Jahre treu. Er dürfte eine faszinierende Aufgabe gehabt haben und war oft wochenlang unterwegs. Dies in einer Zeit, wo man kaum je heim telefonieren konnte… Er erzählt mir, wie er wochenlang im damals jungen Pakistan beim Hauptquartier der Armee weilte , in „Pindi“ wie er damals sagte.

Oskar Stürzinger zog nach seiner Pensionierung nach Monte Carlo, behielt aber eine Ferienwohung im Wallis. Das Leben hat es gut gemeint, mit Oskar, meinte man. Weit gefehlt. Schon in seinem ersten Brief teilte er mir mit, dass er seine Frau wenige Jahre zuvor verloren hatte. Ihre einzige Tochter kam 1998 beim Flugzeugabsturz in Halifax ums Leben.

Oskar Stürzinger hat sich keinen Moment selber bemitleidet. Er wusste sich zu beschäftigen und ging immer wieder auf Leute zu. Die einen mag das auch genervt haben… Noch in hohem Alter verfolgte er regelmässig Tagungen und Kongresse zu technischen Themen, auch wenn sie nicht mit seinem Kerngebiet zu tun hatten. 2006 traf ich ihn bei einem Treffen der American Cryptogram Association in Bletchley Park wo er Sammlern alte Chiffriermaschinen reparierte.

Wir werden ihm ein ehrendes Angedenken bewahren.
Fotos von Oskar Stürzinger
Dieser Artikel stand am Anfang unserer Beziehung:
Dominik Landwehr: Das Rätsel der neuen Maschine. Neue Zürcher Zeitung vom 30.11.2001
Mythos Enigma – Themseite von Dominik Landwehr
Dissertation von D.Landwehr aus dem Jahr 2008 ist dort im Volltetxt als PDF zu finden.
Anfragen bitte an dlandwehr at bluewin.ch oder +41 79 411 59 17

Oskar Stürzinger erklärt die Hagelin-Crypto CD-57 Chiffriermaschine. Die Aufnahme enstand im GDI Rüchlikon im Sommer 2002. Kamera und Schnitt Ivana Lalovic. Produktion Dominik Landwehr.

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