Unterwegs nach Ziteil

Ziteil gilt als der höchste Wallfahrtsort der Alpen. Das stimmt zwar so nicht ganz, aber ein Ausflug ist trotzdem lohnenswert.

Wir erreichen den Wallfahrtsort nach knapp zwei Stunden Fussmarsch. Das Auto lassen wir auf der Alp Muntér oberhalb von Salouf, hier darf man für einen Obulus von fünf Franken für einen Tag und eine Nacht parkieren. Der Weg ist so gut ausgebaut, dass die Gemeindearbeiter auch mit einem Pickup hochfahren können. Beliebt ist die Strecke auch für Mountainbiker.

in Kuhherde am Weg zwischen Muntér und Ziteil an der Bergflanke des Piz Toissa (2655 m) Foto Dominik Landwehr

Wir sind um 8 Uhr unterwegs und begegnen dem ersten Wanderer erst ganz oben. Der Weg führt zuerst durch ein lichtes Wäldchen, bald sind wir aber über der Baumgrenze und der Sonne ausgesetzt. Zu früher Stunde ist es noch kühl. Die Kühe stehen in einer Herde eng beisammen, fast wie auf einem Gemälde von Segantini.

Der Wallfahrtsort ist gut sichtbar und in etwa zwei Wegstunden von der Alp Muntér aus zu erreichen. Foto Dominik Landwehr

Oben angekommen stehen wir vor verschlossenen Türen. Kapelle und Hospiz sind geschlossen und öffnen auch in den Sommermonaten nur am Wochenende. Schade. Mindestens die Kapelle hätten wir gerne besucht. Wir sind auf 2436 Metern über Meer. Ziteil nennt sich gerne den höchsten Wallfahrtsort der Alpen oder auch Europas. Das stimmt offenbar so nicht, lesen wir in der Wikipedia. Immerhin ist Ziteil der höchste Wallfahrtsort der Ostalpen.

Ziteil ist heute ein massiver Bau – in der Herberge finden bis zu 150 Gäste Platz. Foto Dominik Landwehr

Informationen finden wir vor dem geschlossenen Gotteshaus fast keine, nur gerade eine Tafel weiss zu berichten, wer bei Installation der Solaranlange 1995 geholfen hat. Wir entdecken den Namen von Hermann Schlapp, der uns als TV-Moderator in den frühen 80er Jahren bekannt ist. Viel mehr Informationen gibt’s natürlich im Internet, sei es auf der Website des Wallfahrtsortes oder im einschlägigen Wikipedia Artikel.

Wallfahrtskirche und Pigerhaus Ziteil (Salouf, Graubünden, Schweiz). Entnommen der Kleinschrift „Ziteil, ein seltsamer Wallfahrtsort“ von Tristan Egg, Verlag der Kirchenverwaltung von Ziteil, 1918. Quelle: Wikimedia Commons.
Die Erscheinung der Mutter Gottes vor dem Hirten Giatgen Dietegen de Marmels, 1580, auf Ziteil (2431m, Salouf, Graubünden, Schweiz). Quelle: Wikimedia Commons

Hier nur soviel: Die Verehrung des Ortes geht auf eine Begebenheit im Jahr 1580 zurück. Damals soll Maria zwei Hirtenkindern, zuerst einem Mädchen und dann einem Jungen erschienen sein – mit einer klaren Botschaft

Gehe hin und sage dem Volk im Land Oberhalbstein, es habe nun soviel gesündigt, dass nicht noch mehr ertragen werden könne. Wenn es sich nicht bessere, werde Gott es streng bestrafen, so dass er nicht nur die Feldfrüchte verdorren, sondern das Volk vom Jüngsten bis zum Ältesten sterben lassen werde. Ich kann bei meinem Sohn für dieses Volk nicht mehr Fürbitte einlegen. (Quelle: Wikipedia)

Man war beeindruckt und tat wie geheissen. Eine Kapelle wurde gebaut, eine grosse Prozession abgehalten und schon wurde das Gras grüner und die Ernten besser. Der Ort wurde später mehrfach umgebaut und vergrössert und heute finden in der Pilgerherberge nicht weniger als 150 Gäste statt. In den Sommermonaten von Juni bis September gibt’s jedes zweite Wochenende etwa zu feiern, dazu gehören die Namenstage verschiedener Heiliger, zweimal ist auch ein Marienfeiertag: Mariae Heimsuchung und Maria Schnee, was immer das sein mag.

Holzskulptur vor dem Kapuzinerhospiz des Kapuzinerpaters Alexander Lozza (1880 – 1953), der 1919 bis 1936 Kustos in Ziteil war. Foto Dominik Landwehr

Hier war auch der Wirkungsort des Kapuzinerpaters Alexander Lozza (1880 – 1953), über den ich an anderer Stelle geschrieben habe. Er war in den Jahren 1919 bis 1936 Kustos des Ortes und hat gewiss viel Zeit hier oben verbracht. Davon zeugen Gedichte, aber auch ein Wallfahrtspiel, das die Herkunftslegende zum Thema hat. Und natürlich wird er auch gejagt haben.

Aussicht auf das Juliertal und das Val d’Err. Foto Dominik Landwehr

Man könnte von hier aus eine Rundwanderung machen, doch unser Auto steht nun einmal unten auf der Alp. Also wandern wir dem Grat entlang, später biegen wir ohne Weg ab und durchqueren eine sumpfige Alpweide, immer wieder springen kleine Frösche auf. In der Nähe des Wallfahrtsortes schalten wir eine kurze Pause ein und besuchen ein Kreuz.

Ein Kreuz auf einer kleinen Erhöhung neben dem Wallfahrtsort. Gestiftet wurde es von den Jungwacht-Führern des St.Galler Rheintals zur Erinnerung an das Zweite Vatikanische Konzil von 1963. Foto Dominik Landwehr

Ein Schild informiert uns, dass es 1963 von Leitern der Jungwacht aufgestellt worden ist – als Erinnerung an das Zweite Vatikanische Konzil. Wie viele Hoffnungen auf eine Reform der katholischen Kirche wurden seither enttäuscht.

Und hier geht es zur offiziellen Website von Ziteil