Werkbuch für Jungen – Bubenträume aus den 60er Jahren

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Mehr als eine Kuriosität, schon eine echte Trouvaille: Das Werkbuch für Jungen aus dem Jahr 1964. Ein Bestseller und schon damals in der 19.Auflage. Antiquarisch teuer gehandelt, nicht ohne Grund. Denn das Buch ist eine Fundgrube der Technik und Kulturgeschichte und liest sich stellenweise wie ein Schwanengesang an die sinnliche Analogtechnik.


„Für Euch Jungen, die ihr gerne etwas baut und experimentiert, wurde dieses Buch geschrieben. Es soll euch helfen, eure Bastelwünsche zu erfüllen, was immer ihr gerade bauene wollt. ob es ein Schiffs- oder ein Flugmodell, ein Spielzeug, ein optisches oder elektrisches Gerät ist, für alles werdet ihr Anregungen finden, wie man mit den einfachsten Mitteln den gewünschten Erfolg erreicht.“ – Soweit ein Auszug aus dem Vorwort. Wunderbar, die Zeichungen und Fotos dazu: Warum um Gottes Willen trägt der junge Vater beim Basteln einen Schlips?
Das Buch ist ein fast enzyklopädisches Bastelkompendium und geht schön pädagogisch vom Enfacheren zum Schwierigen. „Das kann jeder“ heisst die erste Kapitelüberschrift. Hier gehts um Windrädchen, Wanderstab, Indianerkopfschmuck und Schnurtelefon. „Arbeiten mit einfachem Werkzeug“ heisst es danach. Zu Bauen gibts einen Reckturner, ein Puzzlespiel, ein Karusell. Danach wirds anspruchsvoll. In der Sektion Mechanik werden Peltonturbinen und Wasserwaagen erklärt , in der Sektion Optik diverse Sehgeräte: Kaleidoskop, Periskop, Fernrohr. Besonders ergiebig aus heutiger Sicht dann die Elektrotechnik: Telefon einfachere und anspruchsvollere Radios, mit Halbleiter und auch mit Röhren.
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Besonders reizvoll etwa dieser Zweiröhren- Radioempfänger. Ein handliches Kofferradio. Wer sowas konnte war schon ziemlich gut… Die liebevoll gezeichneten Illustrationen machen das Buch so anschaulich, hunderte solcher kleiner Zeichnungen finden sich darin.
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Weiter gehts mit Modellbau, Flugzeuge und Schiffe und danach folgen – welche Logik! – Buchbinder-Arbeiten. Der Schluss bildet eine Einführung in die Metallverarbeitung und dann gehts ans Eingemachte: Umgan mit Gips, Beton, Glas und Polyesterharz. Polyesterharz – war das nicht der Basteltraum der 6oer Jahre? – Wer diese Technik beherrschte, konnte Boote in allen Formen bauen, vom Beton ganz zu schweigen.
Später gabs danna auch ein Werkbuch für Jungen und Mädchen, Gleichberichtigung war das historische Stichwort. Heute sieht man die Sache schon wieder differenzierter. Hierzulande werden Förderprogramme für Jungen diskutiert, die in der von Frauen dominierten Grundstufe zu kurz kommen.

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