Normannenstrasse Berlin – die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit. Die Stasi ist Geschichte. Aber im Stasi-Museum an der Normannenstrasse warten einige Überraschungen, auch für die Schweiz.
Elektroschrott der besonderen Art. Kameras und Abhöreinrichtungen, wie sie von der Stasi bis zum Fall der Mauer benutzt wurden. Hightech für damalige Begriffe – eingesetzt zur systematischen Bespitzelung der eigenen Bevölkerung. Kein Staat hat je so viele Leute im Geheidienst beschäftigt: Knapp zwei Prozent der Bevölkerung – 180 000 Personen – waren Inoffizielle Mitarbeiter. Nochmals 90 000 Personen arbeiteten im ausgedehnten und total abgeschirmten Gebäudekomplex an der Normannenstrasse, einige U-Bahnstationen vom Berliner Alexanderplatz entfernt.
Unter den Kameras ein Modell mit eigenartigem Namen: Tessina. Nie gehört? – Ein Blick in die Wikipedia machts klar: Schweizer Spezialtechnik vom Feinsten. Entwickelt hat sie der österreichische Ingenieur Rudolph Steineck in Lugano. Hergestellt wurde sie zwischen 1957 bis 1997 von der Uhrenfabrik Siegrist in Grenchen.
Die Tessina wiegt nur 160 Gramm und ist voll von edelster Feinmechanik. Die Lager laufen auf Rubinen, der Filmvortrieb geschieht mit einem Uhrwerk-Motor. Sie benutzt konventionellen Kleinbildfilm, macht aber statt Bilder im normalen Kleinbildformat 24×36 Fotos in den Dimensionen 14×21. Um die Dimensionen zu verkleinern lässt sich der Sucher aufklappen. Die Kamera wurde ganz offensichtlich für die Bedürfnisse der Spionage gebaut.
In einer anderen Vitrine im Berliner Stasi-Museum liegt ein anderes Kleinod aus der Schweiz: Das Mini-Nagra, auch Nagra SN genannt. Es war eine Erfindung der Firma Kudelski in Lausanne und wurde zusammen mit seinem grösseren Bruder, dem Nagra III und Nagra IV weltweit bei Radio, Film und Fernsehen benutzt. Stéphane Kudelski hat für seine Verdienste um den Ton mehrere Mal den Oskar erhalten. Das Nagra SN kam 1970 auf den Markt. Es wog etwas mehr als 500 Gramm und hatte die Grösse eines flachen Zigarrenetuis. Es wurde von vielen Geheimdiensten benutzt und war in den 70er und 80er Jahren auch immer wieder in Spionagefilmen zu sehen. Die edle Uhr auf dem Bild versteckt übrigens das Mikrophon.
Wer sich die Überwachungstechnik der Stasi anschaut, kann sich manchmal ein Schmunzeln nicht verkneifen. Da gibts viel Originelles, wie etwa eine Kamera in einem Wurzelstock oder in einer Gieskanne. Das wirkt aus heutiger Sicht dann doch etwas naiv und (über)eifrig.
Nur: Wer sich heute in Elektronik-Shops wie Conrad umblickt, wähnt sich schon bald in einem Spionage-Thriller: Überwachungskamera mit drahtloser Bildübertragung, Infrarot-Kameras, Nachtsichtberäte, Bewegungssensoren, Miniatur-Aufnahmegeräte mit unbegrenzter Speicherkapazität („it’s digital!“), GPS Tracker. Alles was des Spions Herz begehrt. Erich Mielke würde sich wundern!
Das Stasi Museum in Berlin
Bilder: Dominik Landwehr. Ausnahme: Bild Nr.3. Wikipedia