Am 21.Dezember wäre der Schweizer Musiker und Komponist Paul Burkhard 110 Jahre alt geworden. Der Fotograf Eric Bachmann hat ihn gut gekannt und auch privat fotografiert.
Paul Burkhard (1911 – 1977) war zeitlebens ein bekannter und gefeierter Musiker. Das Lied «Oh mein Papa» aus dem Musical «Der schwarze Hecht» von 1939 wurde in den 1950er Jahren zu einem Welthit und in mehr als 42 Sprachen übersetzt. Wer nach Fotos von Paul Burkhard sucht, wird schnell fündig: Paul Burkhard lebte und schrieb für das Publikum, sei es im Theater, in der Oper, im Musical und später auch in der Kirche. Das Internet liefert mit einer einfachen Abfrage zahlreiche Bilder des Komponisten, bei Wikipedia finden sich sogar eine Anzahl Fotos, die man ohne Probleme weiterverwenden darf. Vielfältig ist das Angebot bei der Schweizer Bildagentur Keystone, deren Bilder kostenpflichtig sind: hier entdecken wir ein Bild des Komponisten mit dem Dramatiker Friedrich Dürrenmatt: Burkhard schrieb die Musik für seine Komödie «Frank V» aus dem Jahr 1959.
Die beiden Journalisten Peter Kaufmann und Philipp Flury, haben für ihre Paul-Burkhard-Biografie hunderte von Bildern aus dem Leben des berühmten Komponisten zusammengetragen. Ihr Buch «Oh mein Papa» erschien ein Jahr nach dem Tod von Paul Burkhard im Jahr 1978 ein erstes Mal und wurde zum 100. Geburtstag des Komponisten 2011 in leicht erweiterter Form ein zweites Mal gedruckt. Private Fotos finden sich allerdings auch hier nur wenige, bestätigt der Autor Philipp Flury.
Als ich vor wenigen Tagen für den Tössthaler mit Irene Richner-Schellenberg das Musikzimmer des Komponisten in Zell besuchte, schrieb ich darüber einen kleinen Eintrag auf Facebook. Der Artikel ist in der letzten Tössthaler-Ausgabe erschienen. Prompt meldet sich ein Namensvetter von mir, Dominik Bachmann mit einer Reihe von Fotos von Paul Burkhard, die sein 2019 verstorbener Onkel Eric Bachmann gemacht hat. Er selber verwaltet dessen Nachlass. Meine Neugier ist geweckt und Dominik Bachmann legt nach: Rund 20 Fotos schickt er mir, sein Onkel muss den Komponisten gut gekannt haben. Viele der Fotos kommen mir bekannt vor – sie zeigen Paul Burkhard beim Dirigieren und Einstudieren seiner Werke unter anderem auch in der Kirche Zell. Einige der Fotos sind im Haus in Zell entstanden, sie wecken meine besondere Aufmerksamkeit. Nach dem Besuch im Haus letzte Woche weiss ich: Es sieht in diesem Zimmer heute fast genauso aus wie damals, als Paul Burkhard hier wohnte, auch wenn das Haus selber umgebaut wurde.
Da gibt es ein Bild des Komponisten an seinem Schreibtisch, davor stehen zwei kleine Porzella-Hunde. Ja, er liebte Hunde und hatte selber Berner Sennenhunde. Eindrücklich auch die Fotos mit der grossen Clown-Puppe. Das sei eigentlich eine Schaufensterpuppe gewesen, welche die berühmte Puppenkünstlerin Sasha Morgenthaler (1893 – 1975) für Paul Burkhard gestaltet habe, erzählt mir Irene Richner-Schellenberg. Ihre Mutter hatte den Künstler bis zu seinem Tod 1977 betreut.
Ein anderes Bild zeigt Paul Burkhard am Klavier – sein Gesicht ist im Schatten, das Licht einer Ständerlampe fällt nur auf seine Hände. Eine einfühlsame und auch künstlerisch interessante Foto-Studie. Höhepunkt ist für mich aber ein Foto, das ihn mit seiner Schwester Lisa zeigte, sie ist gerade mit dem Stopfen einer Socke beschäftigt. Seine Schwester war zeitlebens die Frau an seiner Seite – wer Paul Burkhard in Zell besuchte, traf auch sie. Auch sie war Musikerin, hatte aber ihre Karriere zugunsten ihres begabten Bruders zurückgestellt. Schon als junge Frau hatte sie in einem Musikhaus auf Kredit einen Flügel für ihn gekauft, die Raten dafür stotterte sie über Jahre ab. Das Klavier diente dem Komponisten das ganze Leben, auch heute noch ist es im Musikzimmer zu sehen.
Der Journalist Philipp Flury hat den Komponisten oft in seinem Haus in Zell besucht. Für ihn war er einfach der «Päuli». Weihnachten lag Paul Burkhard immer besonders am Herzen: In seinem Musikzimmer gab es einen Weihnachtsbaum, der bis an die Decke reichte. Gerne lud der Komponist auch Leute und namentlich Kinder aus Zell ein, um mit ihnen Tee zu trinken und den Baum zu bestaunen. Das war dann auch die Gelegenheit, wo Paul Burkhard seine Modelleisenbahn aufstellte. Philipp Flury erinnert sich daran, wie er mit Paul Burkhard damit gespielt hat. Er erzählt mir von einer Szene, wo die beiden im Musikzimmer Tee tranken. Lisa schickte den Zucker mit der Modelleisenbahn, die quer durch die ganze Wohnung fuhr. Auch bei Irene Richner-Schellenberg wecken diese Bilder Erinnerungen: Sie hatte ihre Mutter jeweils begleitet, wenn sie von Rikon nach Zell zu Paul Burkhard gingen. Lisa bewahrte in einer Schublade ein paar Klötze auf, mit denen die damals drei oder vierjährige Irene spielen durfte.
Paul Burkhard hatte viele Freunde und pflegte auch mit Journalisten enge Beziehungen. Der Fotograf Eric Bachmann (1940 – 2019) muss ihn besonders gut gekannt haben, sonst hätte ihm Paul Burkhard nicht diese privaten Einblicke in sein Leben ermöglicht. Der Fotograf arbeitete Ende der 1950er Jahre zunächst für das junge Schweizer Fernsehen und half dort mit, die Fotoabteilung aufzubauen, später war er selbständig tätig. Ein Teil seines Archives hat sein Neffe online zugänglich gemacht. Wer hier stöbert unternimmt eine Zeitreise in die 1960er und 70er Jahre – man trifft Künstler und Schriftsteller wie Dieter Meier, Elias Canetti, Astrid Lindgren, Ernesto Cardenal und Showgrössen wie Gianna Nannini, Toto Cutugno, Paola und Kurt Felix. Besonders stolz ist sein Neffe auf die Fotos von Muhammed Ali. Er hat seinen Aufenthalt in der Schweiz im Jahr 1971 ausführlich dokumentiert und 2014 sogar ein Buch dazu gemacht.