Libanon-Krieg: Fassungslosigkeit

Zuerst war es Unverständnis, später Wut. Aber jetzt herrscht nur noch pure Fassungslosigkeit, angesichts der Gewalt mit der Israel den Libanon überzieht: Hunderte von Toten Zivilsten, über eine halbe Million Vertriebene und eine zerstörte Infrastruktur. Gedanken zum Krieg in Nahost


Was die einen als legitime Selbstverteidigung ansehen, gerät immer mehr zur zynischen Rechtfertigung eines zerstörerischen Feldzuges, dessen Bilanz reines Entsetzen erzeugt. Angesichts dessen erscheint der Leitartikel in der Neue Zürcher Zeitung vom Samstag 22.Juli nur noch zynisch. Politische Analyse losgelöst von humanen (nicht humanitären) Überlegungen – kann es so etwas überhaupt geben?
„Irgendwann entzieht sich jeder Krieg dem Verständnis einer breiteren Öffentlichkeit. Die Empörung über die steigende Zahl ziviler Opfer, über die Zerstörung lebensnotwendiger Infrastruktur und über die Vernichtung zivilisatorischer Errungenschaften verdrängt die Fähigkeit und die Bereitschaft, die Mechanismen militärischen Handelns noch «zu verstehen». Die Komplexität eines Konfliktes wird auf einfache Formeln reduziert: Wer ist stärker, wer schwächer, wer leidet mehr, wer weniger? Emotionen ersetzen Objektivität. So werden aus Opfern plötzlich auch Täter, aus Verteidigern Aggressoren, das tragische Einzelschicksal wird zum Massstab für die Verhältnismässigkeit der Handelnden.
Zwei Überlegungen drängen sich für mich auf: Mittlerweile hat wohl jeder begriffen, dass der Konflikt im Nahen Osten mit den traditionellen Kriterien nur noch sehr schwer gefasst werden kann. Hier geht es um einen assymmetrischen Konflikt: Auf der einen Seite eine hochgerüstete Armee, die mit allem kämpft, was mit Geld und den USA beschafft werden kann. Auf der anderen Seite eine Guerilla und schliesslich die vom Iran unterstzte Hisbullah, die nur darauf wartet, zuschlagen zu können und jede sich bietende Gelegenheit ausnutzt.
Die grösste Bedrohung für die Sicherheit Westeuropas stellt heute der Terrorismus dar – und Konflikte wie der heutig liefern die besten Argumente für die Rekrutierung neuer Selbstmordattentäter. Das nächste 9/11 kommt bestimmt – nur wird es dann zu spät sein.
Welche Perspektiven gibt es für die Region? – Wer die heutigen Entwicklungen verfolgt kommt zu düsteren Erkenntnissen. Was wird sein, wenn die Hisbullah-Raketen nicht mehr nur Nadelstiche sind, sondern effektive, tödliche Massenvernichtungswaffen? – Wie wird Israel dann zurückschlagen? – Man wagt sich die Folgen nicht vorzustellen. Nahost in Flammen? – Ist das die Zukunft? – Es gibt im Moment nichts was darauf hindeutet, dass es eine andere Perspektive gibt.
Die westlichen Staaten und mit Blick auf den Erdölpreis auch die USA müssten eigentlich alles Interesse haben, das Grundübel des Konfliktes zu lösen: Das Palästinenserproblem. Denn solange es keine gerechte Lösung für die Palästinenser gibt, gibt es im Nahen Osten keinen Frieden.

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