Stein, Sand und Flamingos – in der Wüste von La Guajira

Die Wüste von La Guajira liegt im äussersten Norden Kolumbiens – und des ganzen Kontinents Südamerika. Sie ist erst seit einigen Jahren für Touristen zugänglich.

Mit gemischten Gefühlen brechen wir beim Tayrona Park – kurz nach Santa Marta – auf und fahren im Morgengrauen zu unserer ersten Etappe nach Riohacha. Gemischte Gefühle: Die Wüste von La Guajira galt bis vor einigen Jahren als unsicher, das bestätigt auch ein Blick auf dieReiseseite des Schweizer Aussenministeriums EDA. Von Reisen ins Grenzgebiet wird grundsätzliches abgeraten. Ein gutes Omen: Der Auftakt funktioniert gut – punkt sechs Uhr Morgen holst uns ein Taxi ab und damit ist unsere Gruppe komplett. Wir treffen Hannah und Becky.

Vom hübschen Badeort Palomino sehen wir nur gerade den kleinen Markt, Frühstück gibt’s um halb Acht in Riohacha, Ausgangspunkt aller Reisen nach La Guajira. Hier wartet unser Fahrer Jorge mit seinem soliden Toyota Landcruiser. In den ersten Stunden braucht es noch keinen Allradantrieb. Bei brütender Hitze besuchen wir eine Salzgewinnungsanlage, es bleibt uns ein Rätsel, wie man bei diesen Temperaturen überhaupt arbeiten kann.

Ein nächster Zwischenhalt in der Wüstenstadt Uribia. Sie ist ein wichtiger Umschlagplatz für die lokale Wirtschaft. Einige Kilometer von hier liegt die grösste Kohlemine des Kontinents – wir kriegen sie leider nicht zu sehen und müssen uns mit einem nicht enden wollenden Güterzug an einem Bahnübergang zufrieden geben.

Der Halt hier scheint länger zu dauern und nach und nach merken wir, was hier vorgeht. Es ist ein Handelsplatz für Treibstoff. Er stammt aus dem benachbarten Venezuela, dessen Grenze das nur gerade ein paar Kilometer entfernt liegt und ist spottbillig. Unser Tank wird gefüllt und rund 50 Liter kommen in einen Zusatztank, der aber auf der ganzen Fahrt nie benutzt wird.

Treibstoff gibts hier auch in Pet-Flaschen.

Dann beginnt die Wüste…. die Kartheit der Farben hat ihren eigenen reiz.

Vor uns liegt unser vorläufiges Etappenziel. Cabo de Vela. Der Ort liegt an der Atlantikküste und besteht nur gerade aus ein paar einfachen Hütten. Ganztags weht ein starker Wind – ideal für die Kite-Surfer am Strand.

Erstaunlicherweise essen wir hier den besten und frischesten Fisch der ganzen Reise. Der ganze Ort lebt vom Tourismus und eine Gruppe von Indio-Mädchen leistet uns Gesellschaft und versucht uns ein Armband zu verkaufen. Als wir mit dem Essen fertig sind, fragen sie nach den Resten. So sieht Armut aus. Ein komisches Gefühl. Es wird uns die Tage begleiten.

Wassermangel, Armut, Hunger und Krankheiten. Das ist die Realität der indigenen Bevölkerung der Wayu. Es kommt immer wieder vor, dass Kleinkinder verhungern. Das ist das Resultat einer kleinen Internet-Suche nach der Reise. Die Berichte sind konsistent, sei es beim katholischen Hilfswerk Fides oder in der renommierten ZEIT oder in anderen Zeitungen. Hätten wir die Reise unternommen, wenn wir das gewusst hätten? Hätten wir uns vor Ort anders verhalten?

Die Armut ist tatsächlich nicht zu übersehen. Zwar ist die Region extrem dünn besiedelt. Aber wir treffen immer wieder auf Dörfer, die nur gerade aus ein paar Hütten bestehen. An der Küste mag es genug Verdienstmöglickeiten geben und tatsächlich werden uns an der Strasse auch Fisch und Krabben angeboten. Aber im Landesinnern, da hat es nur Ziegen. Hitze, Trockenheit und Wassermangel lassen nichts wachsen.

Unterwegs kauft unser Fahrer Jorge grössere Mengen von süssem Brot ein, das sich in handliche Stücke brechen lässt. Wir merken bald, wofür das gut ist. Immer wieder passieren wir improvisierte Checkpoints. Meist sind es Kinder, die eine Schnur über die Strasse spannen und einen Halt erzwingen. Als Wegzoll dient das süsse Brot, das Jorge gekauft hat. Es gibt auch Erwachsene, die hier stehen – und sie haben keine Schnur, sondern eine Fahrradkette gespannt. Hier kostet es mehr – eine Orange oder eine Banane.

Es gibt Fels und Stein, Hügel und kleinere Berge und eine Aussicht über die Gegend. Vielerorts finden sich ausgetrocknete Seen. Sie sind so flach, dass Autos mit bis zu 100 Stundenkilometer fahren können. In der Ferne sehen wir ein Kleinflugzeug landen. Gehört das zum Drogenhandel? Wir wissen es nicht. Das Militär ist präsent, aber die Camps und Checkpoints wirken eher bescheiden.

Von hier aus geht’s zu einem Aussichtspunkt – eine Handvoll Touristen hat den Weg dahin gefunden. Ein kleiner Blick zeigt. Allein ist keiner unterwegs, alle sind in Gruppen und organisierten Touren wie wir eingebunden.

Wir erreichen den Hügel in einer knappen halben Stunde. Keine grosse Sache, wenn da nicht der Wind wäre, der trotz schönstem Wetter mit Sturmstärke bläst.

Etwas ruhiger ist es am Strand unten – man könnte baden, das Wasser ist klar und sauber. Wir ziehen einen Spaziergang vor.

Wenige Kilometer weiter dann ein Aussichtspunkt mit etwas weniger Wind – und einem wunderbaren Sonnenuntergang. Was will man mehr….

Von hier aus geht es in der Dunkelheit zurück zu unserer Unterkunft – Beim Nachtessen sind die Kinder weg. Wir logieren im Hotel Monaco, das offenbar noch im Bau ist. Geschlafen wird in Hängematten. Ob das gut geht? – Nun ja, es ist gut gegangen, aber es nachts doch etwas kühler als wir das erwartet hatten…

Am nächsten Tag geht es weiter nördlich, der Küste nach. Zwischenhalt in einer Dünenlandschaft.

Am nächsten Tag geht es weiter nördlich, der Küste nach. Zwischenhalt in einer Dünenlandschaft. Und auf der Rückfahrt immer wieder Landschaften, die uns den Atem rauben.

Etappenziel: Punta Gallinas. Hier ist der nördlichste Punkt von ganz Südamerika. Und einige Kilometer von hier unsere nächste Unterkunft – mit Platz für 300 Gäste, auch hier wieder Hängematten. Das wäre ganz gut gegangen, wären nicht 20 Gäste am morgen um vier Uhr los zum kitesurfen… nun gut, solche Erfahrungen gehören wohl dazu und die nächste Nacht wird wieder besser, zurück in Santa Marta…

Praktisch alle Angestellten in der Küche sind Wayuu – gehören also zur indigenen Bevölkerung von La Guajira. Eine Infotafel vermittelt uns ein paar Brocken ihrer Sprache…

Auch dieser Ort liegt am Meer – Lebensgrundlage der indigenen Bevölkerung ist aber vor allem eine riesige Lagune, die gleichzeitig auch ein Naturschutzgebiet ist. Mit einem Boot erkunden wir Ufer und Inseln

…und hier sehen wir endlich die Flamingos, die hier überwintern. Das Boot bleibt in respektvollem Abstand um die raren Vögel nicht zu stören. Unser Bild hat Tochter Anna gemacht, die vor einigen Jahren in der Gegend war und etwas mehr Fotoglück hatte.

Am nächsten Tag zurück – noch einmal spektakuläre Ausblicke in der Wüste…. bald sind wir in Uribia und von dort geht’s nach Riohacha und zuletzt nach Santa Marta. Keine Hängematte – sie fehlt uns nicht. Aber die Bilder aus der Wüste…. sie bleiben…