Darf man den Kopierschutz von eBooks umgehen, damit man sie auch anderen zum Lesen geben kann? – Die Frage stellt sich wohl jeder, der schon mal ein eBook gekauft hat. Anleitungen wie das zu tun ist finden sich leicht im Internet. Ist solches Tun aber erlaubt? Die Antwort überrascht
Währendem eingefleischte Bücherliebhaber und Bibliophile noch darüber diskutieren, ob sich eBooks durchsetzen, haben die Praktiker längst entschieden. Das eBook kommt nicht nur, es ist da. Diesen Eindruck erhält man jedenfalls, wenn man sich unter die Zugpendler mischt. eBook Reader und Tablet-Computer sind auf dem Durchmarsch. Verlagshäuser melden steigende Umsatzzahlen in diesem Bereich.
Kein Wunder. Wer viel reist, weiss zu schätzen, dass er seine Bücher immer bei sich haben kann. Egal ob es nun Kriminalromane, anspruchsvolle Belletristik, Sachbücher oder gar wissenschaftliche Literatur ist. Es ist unheimlich praktisch. Die elektronischen Bücher kosten zwar fast so viel wie die gedruckten, dafür gibt’s eine riesige Auswahl von Klassikern, deren Rechte abgelaufen sind, umsonst.
Aktuelle Bücher gibt man gerne weiter. So war es jedenfalls bis jetzt. Nur mit dem eBook geht das nicht mehr. Ein Schutzmechanismus verhindert das in der Regel. Digital Rights Management abgekürzt DRM nennt man das. Ein Ärgernis, denn Käuferin und Käufer haben für das Buch bezahlt und warum soll in der digitalen Zeit nicht mehr möglich sein, was in der analogen selbstverständlich war?
Ein Blick ins Internet hilft. Die entsprechenden Stichworte sind schnell gefunden und Anleitungen, wie sich der Schutzmechanismus aushebeln lässt ebenfalls. Nach zwei oder drei Anläufen ist es geschafft. Und der Kollege bestätigt postwendend: Ja, ich kann das Buch nun lesen.
Nur bleibt die etwas bange Frage: Ist so etwas rechtens? – Moralisch ist die Frage klar: Ich habe ja für das Buch bezahlt, ergo darf ich es auch weitergeben. So halten wir es auch mit dem gedruckten Buch. Allerdings: Beim gedruckten Buch bleibt dem Käufer keine perfekte Kopie mehr. Nachfrage deshalb bei Pro Litteris, der Schweizerische Urheberrechtsgesellschaft für Literatur und bildende Kunst. Kathrin Bütikofer von der Rechtsabteilung kennt die Frage: „Es ist erlaubt, den Schutzmechanismus zu umgehen, solange die derart „befreiten“ eBooks nur privat verwendet werden“. Das ist im Gesetz über das Urheberrecht unter Artikel 39 geregelt. Titel: „Schutz von technischen Massnahmen und von Informationen für die Wahrnehmung von Rechten“ Dort heisst es zwar „technische Massnahmen zum Schutz von Werken und anderen Schutzobjekten dürfen nicht umgangen werden.“ Private Nutzung ist aber gemäss Pro Litteris durch folgende Einschränkung im Gesetz abgedeckt: „Das Umgehungsverbot kann gegenüber denjenigen Personen nicht geltend gemacht werden, welche die Umgehung ausschliesslich zum Zweck einer gesetzlich erlaubten Verwendung vornehmen.“
Der Zürcher Urheberrechts-Spezialist Mathis Berger bestätigt diesen Befund: „Der Nutzer eines Werks, der sich auf Privat- oder Eigengebrauch berufen kann darf
den DRM Schutz umgehen, ohne dass sich der Rechteinhaber dagegen zur Wehr setzen kann.“
Allerdings, so der Jurist Mathis Berger, muss der Nutzer das – umgangssprachlich – ’selber machen‘ , ein Händler oder ein öffentlicher Anbieter kann sich nicht auf diesen Schutz verlassen.
Hier ist das Urheberrechtsgesetz klar. Verboten ist demnach das Verkaufen respektive sonstige Verbreiten von „Vorrichtungen, Erzeugnissen oder Bestandteile sowie das Erbringen von Dienstleistungen…. mit dem Ziel der Umgehung wirksamer technischer Massnahmen!“
Und deshalb kann an dieser Stelle auch nicht erklärt werden, wie sich der Schutzmechanismus umgehen lässt. Bis vor wenigen Tagen war dies in aller Ausführlichkeit und erst noch in deutscher Sprache auf der Website einer Schweizer Gratiszeitung nachzulesen. Dann war der Eintrag plötzlich ohne Angabe von Gründen verschwunden. Nun, auch grosse Verlagshäuser haben eine Rechtsabteilung!
Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. Urheberrechtsgesetz (URG) vom 9. Oktober 1992 (Stand am 1. Januar 2011).
Dieser Artikel erschien in gekürzter Form unter dem Titel „Wie man den Kopierschutz knackt“ in der Neuen Zürcher Zeitung vom Freitag 31.Januar 2013.