Israel und die Palästinenser:

Israel macht in diesen Tagen mit einer Reihe von militärischen Aktionen gegen die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten von sich reden: Politiker werden in Massenverhaftungen eingesackt, zivile Ziele beschossen, die Stromversorgung für 600 000 Menschen zerstört. Auslöser der jüngsten Aktionen war die Entführung eines israelischen Soldaten und die damit verbundenen Forderungen nach einem Gefangenenaustausch, den Israel kategorisch ablehnt.


Die Nachrichten aus Israel haben in diesen Tagen ? einmal mehr ? einen Grad von Unerträglichkeit erreicht, der schwer zu überbieten ist. Israel rächt die Entführung eines Soldaten und hält sich an der palästeninenschen Zivilbevölkerung schadlos, um damit den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Das ist ein krasser Verstoss gegen das humanitäre Völkerrecht und mehr noch, es ist ein Verhalten, das aus moralischer Sicht als verabscheuungswürdig bezeichnet werden muss. Es erinnert an dunkelste Zeiten unserer Geschichten. „Auf daß die Verfolgten nicht Verfolger werden“, hatte die die Nobelpreisträgerin Nelly Sachs in einem ihrer Gedichte in den 60er Jahren geschrieben ? die Beschwörung ist längst Realität geworden.
Viele Angehörige der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz kritisieren die Berichterstattung über den Konflikt als einseitig. Ich teile diese Einschätzung nicht und möchte ihnen zu bedenken geben: Diesmal steht Israel auf der Seite der Stärkeren, politisch, militärisch und wirtschaftlich unterstützt von der Weltmacht USA, deren Nahostpolitik gerade in den letzten Jahren so viel Leid in die Region gebracht hat.
Wie weiter: Warum nicht nachgeben ? warum keinen Austausch? ? In diesem Konflikt kämpfen junge Männer gegeneinander, die genau betrachtet eigentlich noch Kinder sind. Sie haben etwas besseres verdient ? auch Politiker hüben und drüben, die nicht nur das Brett ihrer stumpfen Ideologie vor dem Kopf haben. Wer selber Kinder in diesem Alter hat kann diese sinnlose Schlächterei nicht ansehen. Wahrlich, wir leben in düsteren Zeiten?
Ich gehöre zu jener Generation, denen in den 70er Jahren Respekt, ja Begeisterung für den jungen Staat Israel eingepflanzt wurde. Beide sind längst verflogen und haben einem andauernden Kopfschütteln Platz gemacht, das immer mehr in Unverständnis und Wut umschlägt.
Es ist noch nicht lange her, da sind Schweizer Politiker und Militärs nach Israel gepilgert ? mit jeweils den verschiedensten Gründen. Die abstruseste derartige Mission, die mir zu Ohren kam, absolvierte ein Informationsspezialist der Armee, der sich vor Ort über die Bedeutung des Radios zur Information der Bevölkerung in ausserordentlichen Lagen briefen liess. Es wäre an der Zeit, unsere Politiker und Militärs wieder zu Reisen dorthin zu motivieren: Als Menschenrechtsbeobachter, eingeladen oder nicht eingeladen, erwünscht oder unerwünscht. Ich wünsche mir, dass unser Land eine aktivere Rolle übernimmt.

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