Internet als Massenmedium

Es ist noch nicht lange her, da war die Aussage „Das Internet ist kein Massenmedium“ von allen Medien-Auguren zu hören. Sie haben nicht Recht erhalten, diese Propheten. Harte Zahlen liefert die jüngst erschienene Ausgabe der Media-Perspektiven von ARD/ZDF mit einer Reihe von Studien. Ob allerdings das so genannte Web 2.0 hält, was es verspricht, ist offen.


63 Prozent der Deutschen über 14 sind regelmässig online – in der Schweiz ist der Anteil sogar noch etwas höher. Die grössten Zuwachsraten werden im Moment bei den älteren Menschen und bei den Frauen beobachtet. Besonders wichtig: Multimediale Inhalte, also Audio und Video, werden immer beliebter, wenn auch vorab bei den Jüngeren. Das zeigen die neusten Zahlen von ARD und ZDF
Die Zeitungen in der Schweiz melden gleichzeitig leicht gestiegene Leserzahlen. Paradox. Aber der Zuwachs geht zu Lasten der neuen Gratiszeitungen. Damit ist etwas Interessantes passiert: Zwar haben sich Leser und Inhalte nicht einfach sang und klanglos ins Internet verschoben – aber das Internet prägt eine neue Konsumhaltung: Schnell, umsonst und kurz muss Information sein.
Wie gehts weiter – was ist die Zukunft von Radio und TV? – Es braucht nicht viel Phantasie um die Antwort zu finden: Die Zukunft der elektronischen Medien liegt im elektronischen Internet – dort können diese Medien ihren grössten Wettbewerbsnachteil wettmachen, ihren flüchtigen Charakter.
Aber auch sie werden nicht lange allein bleiben: Ein interessanter Hinweis kommt aus unerwarteter Ecke: Das Verbier Festival hat dieses Jahr erstmals – mit Millonenaufwand seine Konzerte online übertragen. Neue Player haben problemlos Zugang zum Medium und auch zum Hörer. Umsonst ist es allerdings nicht, hier präsent zu sein – der Aufwand für diese profesionelle Übertragung soll eine Million Franken betragen haben und die Künstler haben auf zusätzliche Entschädigungen verzichtet…
Und was ist mit Web 2.0: Blogs, Podcast, Mitmachseiten, Wiki undsofort. Zunächst einmal ist der Begriff ein Etikettenschwindel, denn das Web war auch vor der Erfindung von Web 2.0 ein „Mitmach-Medium“. Nur ist es dank einer Reihe von neuen Applikationen wie Blogs, und Wikis noch einfacher geworden.
Als Blog-Autor bin ich natürlich Partei: Aber mir scheint doch, dass hier etwas passiert, das ein genaueres Hinschauen lohnt. Es war vielleicht noch nie so einfach, eine Vielzahl von Stimmen zu hören. Nur brauchts dazu auch Musikgehör. Oder konkret: Es braucht nicht nur Zeit, sondern auch etlichen kritischen Verstand die Spreu vom Weizen zu trennen.
Schöne neue Medienwelt. Oder um es im Jargon des Tages-Anzeigers zu sagen: Wir bleiben dran…

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