Dutti der Riese – oder die Liebe zur Geschichte

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Filmpremiere des Dokfilmes „Dutti der Riese“ von Martin Witz. Ein Film über den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler. Ein längst fälliges Portrait des übermächtigen, charismatischen Migros-Gründers. Das Portrait kommt in bewegter Zeit.


Keine Filmkritik – das gibts anderswo. Ein persönlicher Kommentar: Ein wuchtiger, wichtiger Film, der mehr kritische Untertöne hat, als die Kritik wahrhaben (werden) will. Aber vielleicht haben die Kritiker es verlernt, Filme als komplexe Kunstwerke anzusehen.
Was mich beschäftigt: Die Hinwendung zur (Schweizer) Geschichte – nach der Aufregung in den 90er Jahren um die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg jetzt endlich Zeit auch für leisere Töne, für Themen, die nicht Weltgeschichte geschrieben haben, wie eben Paul Burkhard oder Gottlieb Duttweiler.
Ein neuer Blick auf die Gegenwart – aus der Sicht der dieses zerrissenenen 20.Jahrhunderts – etwas, das gerade im Film „Dutti der Riese“ aufscheint. Der charismatische Migros-Gründer hat bis zum Höhenflug mit seiner Migros mehr Misserfolge einstecken müssen, als allgemein bekannt ist. Erinnert sei an seine Teilhabe im Handelshaus Pfister & Sigg (später Pfister & Duttweiler), an seine gescheiterte Brasilien-Auswanderung oder an die Expansion mit Migros-Berlin. Scheitern war für ihn auch immer wieder ein Thema, über das er geredet hat. Was ist davon übrig geblieben? Aber Achtung: Duttweiler war auch zu seiner Zeit die grosse Ausnahme – mit Schauern sieht man im Film etwa wie der dynamische Duttweiler an einem Bankett mit Militär- und anderen Betonköpfen sitzt, sitzen muss…solcherlei Menschen, sorry Männer, haben die Schweiz auch geprägt. Leider.
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Die Hinwendung zur Geschichte: Ein Rezept in Zeiten der Ratlosigkeit – und eine solche Zeit erleben wir heute ohne Zweifel. Tut man es rückwärtsgewandt dann ist darin zwar Trost, aber allemal nur ein schwacher. Vorwärtsgewandt, so wäre es zu tun: Welche Impulse vermitteln uns diese beiden charismatischen Persönlichkeiten mit ihren überreichen Lebensläufen?
Ich versuch es mal mit Dutti: Mut zum Wagnis in schwierigen Zeiten. Keine Angst vor dem Scheitern. Siehe Samuel Becket: Try – fail – try again – fail bettter. Und noch was. Bekenntnis zu den Werten der Gemeinschaft – mit Leidenschaft und Vehemenz!
Und noch etwas: Duttweiler wollte vor seinem Tod das «Forum Humanum» gründen – eine Friedensoffensive, er schlug auch die Umwandlung des Militärdienstes in einen zivilen (kaufmännischen !!) Dienst im Ausland vor.
Wer nimmt den Gedanken auf?
Und hier gehts zum Film „Dutti der Riese“ von Martin Witz
PS: Das Bild mit dem schwimmenden Strohut-Mann ist zur Ikone geworden. Es entstand offenbar – so berichtet der Film – anlässlich eine runden Geburtstages an dem Duttweiler seine Gäste, die per Schiff nach Rüschlikon kamen um ihm zu gratulieren, im Wasser schwimmend begrüsste.

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