Der Heilige Franziskus

Der Heilige Franziskus – ein kurzer Text, der im Tössthaler vom Samstag 31.Oktober 2015 im Tossthaler erschienen ist.
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Anfangs Oktober war der Namenstag des Heiligen Franziskus. Er ist einer der beiden Schutzpatrone unseres Nachbarlands Italiens, er hat dem Papst seinen Namen geliehen und er hat auch in meinem Leben eine wichtige Rolle gespielt. Meine Mutter war eine leidenschaftliche Textilkünstlerin und hat im Kinderzimmer eine Arbeit aufgehängt, die den Heiligen Franziskus bei seiner Predigt zu den Tieren zeigte. Da gab es Hunde und Katzen, Pferde und Kühe, Vögel und allerlei anderes Getier in einer grossen Pyramide und das Bild hat mich als Kind tief beeindruckt.
In den 70er Jahren haben wir uns für den Franziskus-Film ‹Brother Sun Sister Moon› mit dem Titelsong von Lyndon B. Donovan begeistert. Der Film ist etwas aus der Mode gekommen und ist aus heutiger Sicht wohl etwas kitschig. In meinem Literaturstudium habe ich mich mit den Heiligenlegenden des Mittelalters befasst und natürlich gehörte auch die Geschichte Heiligen Franziskus dazu. Die Legende erzählt uns, dass Franziskus sein adliges und reiches Heimathaus als junger Mann verlassen hat um in Armut zu leben. Er soll die Natur verehrt haben und tatsächlich auch zu den Tieren gepredigt haben.
Der Zürcher Mediävist Alois Haas, dessen Vorlesungen über Mystik und mittelalterliche Literatur und dessen Humor meine Studienzeit geprägt hat, hat uns vor einer allzu einfachen Deutung dieser wichtigen Figur gewarnt: Die Predigten des Franziskus seien nicht einfach nur als naive Tierliebe zu verstehen sondern als Hinwendung zur Schöpfung als Ganzes.
Diese Botschaft habe ich verstanden und mitgenommen und ich bin der tiefen Überzeugung dass der Respekt vor der Schöpfung ein wichtiger Leitgedanke unseres Handelns sein muss. Es ist ein Gedanke, der auch anderen Religionen nicht fremd ist, namentlich der Buddhismus kennt diese Idee auch. Und es ist auch an der Zeit an die verbindenden Ideen der grossen Weltreligionen zu denken und auch sie als Richtschnur für unser Denken und Handeln zu akzeptieren, vielleicht im Sinn eines Weltethos wie ihn der grosse Schweizer Theologe Hans Küng immer gesehen hat.
Neben dem Respekt vor der Schöpfung findet sich auch die christliche Nächstenliebe in allen grossen Religionen wieder. Sie muss auch unsere Einstellung zur den Flüchtlingen prägen, die in diesen Tagen und Wochen Europa erreichen. Anders sind die Fakten und die Bilder, die uns täglich erreichen, nicht zu ertragen. Wir müssen lernen mit einem Problem mehr zu leben, das wir nicht zu lösen vermögen, aber dessen Auswirkungen für die Einzelnen wir sehr wohl lindern können. Das ist für mich die Botschaft dieser Tage. Da wo kein Licht am Endes des Tunnels sichtbar ist, da braucht es Licht im Innern des Tunnels, auch wenn es nur eine schwache Kerze ist.
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