In Czernowitz wird heute ukrainisch und russisch gesprochen und auch geschrieben. Die einstige Bevölkerung wurde im Zweiten Weltkrieg ermordet, deportiert und vertrieben. Das alte Czernowitz war anders
Ein halbes Dutzend Völkerschaften hat hier gelebt, schreibt der Czernowitzer Literaturhistoriker Peter Rychlo und zitiert Rose Ausländer:“
Der Spiegekarpfen
in Pfeffer versulzt
schwieg in fünf Sprachen.
Um welche Sprachen handelte sich? – Deutsch, Ukrainisch, Rumänisch, Polnisch, Jiddisch. Bei den Zeitungen kam noch eine sechste Sprache, das Hebräische dazu und um das alles zu bewätigen waren drei Schriftsysteme gängig: Lateinisch, Kyrillisch und Hebräisch.
Czernwowitz war – wenn auch nur in der kurzen Zeit seit der Mitte des 19.Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg – die Stadt von Literatur, Musik und Kunst.
Zu den Namen, die mit dieser Stadt verbunden sind zählen neben Paul Celan und Rose Ausländer auch Schriftsteller mit heute weniger bekannten Namen wie etwa Selma Meerbaum-Eisinger, Alfred Margul Sperber, Immanuel Weissglas, Alfred Gong, Alfred Kittner, der Sänger Joseph Schmitt war aus dieser Stadt, der Psychologe Wilhelm Reich aus der Region.
Alfred Gong beschrieb die Stadt rückblickend im 1963 veröffentlichten Gedicht „Topografie“ als Stadt, in der zu Semesterbeginn die jüdischen von den rumänischen Studenten verprügelt wurden. Und weiter:
Sonst war Czernowitz eine gemütliche Stadt;
die Juden sassen im „Friedmann“ bei Fisch und Piroggen
Die Ruthenen gurgelten in Schenken und Schanzen
Die Rumänien tranken vornehmlich im „Lukullus“
(wo, wie man annehmen darf, auch der junge Gregor von
Rezzori ab euben Viertel Cotnar mässig nippte.)
Den Volksgarten nicht zu vergessen, so sich sonn- und
Feiertäglich Soldaten und Dienstmädchen bei vaterländischen
Märschen näherkamen. Wochentags schwänzten hier
Gymnasiasten und –innen ihre Gymnasien.
(Man konnte gelegentlich hier dem Schüler Paul Celan mit Trakl unterm Arm
Zwischen Büschen begegnen.)
Peter Rychlo: Czernowitz als geistige Lebensform. Die Stadt und ihre Kultur. In:Helmut Braun (Hg.): Czernowitz. Die Geschichte einer untergegangenen Kulturmetropole. Berlin 2006. Ch.Links Verlag.
Rose Ausländer: Wir pflanzen Zedern. Gedichte. Frankfurt a.M. 1993.