Bogotá hat über acht Millionen Einwohner und gehört damit zu den grössten Metropolen der Welt. Und doch ist es einfach, sich hier zurechtzufinden.
Das ist eine der vielen Überraschungen dieses Landes – Bogotá ist eine Stadt mit mehr Einwohnern als die Schweiz, sie wirkt übersichtlich und der Gast aus der Ferne findet sich sofort zurecht hier. Die Stadt ist im Wesentlichen im Schachbrettmuster angelegt, es gibt Längsstrassen und Querstrassen, die einen heissen Calle, die anderern Carreras.
Wie viele Weltstädte so besteht auch die kolumbianische Hauptstadt aus vielen autonomen Stadteilen. Wir wohnen im Stadteil Chapinero – hier gibt es bereits alles, was man braucht: Läden, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und Kinos…. und zum Edelquartier Rosa mit seinen Spitzenresaurants kommt man sogar zu Fuss. In etwas weniger als einer halben Stunde sind wir von der Haltstelle Flores in der Innenstadt.
Wir beginnen unseren Spaziergang bei der Haltstelle Universidades. Hier in der Nähe fährt auch die Seilbahn auf den Montserarrat, den Hausberg von Bogotá, wir gehen talwärts in Richtung Innenstadt. Ein neues Quartier mit viel Raum, Bäumen und mittendurch sogar ein kleiner Kanal – mit vielen Cafés und Verpflegungsständen für die Studierenden.
Die Innenstadt wirkt insgesamt sehr europäisch und irgendwie vertraut.
Von der Flaniermeile gelangt man ins Regierungsviertel und zur Kathedrale. Ihr Name in voller barocken Länge: Sacro Santa Iglesia Catedral Primada Basilica Metropolitana de la Immaculada Concepción de la Maria en Bogotá – zu Deutsch: Hochheilige Erzbischöfliche Kathedralkirche der Unbefleckten Empfängnis Mariens von Bogotá.
Hier in der Nähe ist auch das berühmte Goldmuseum, hier sind Oper, Theater, Stadtbibliothek und hier ist auch das Zentrum der Backpacker mit den berühmten zweigeschossigen Häusern, die dem Quartier einen kleinstädtischen Charme verleihen.
Gleich neben der historischen Alstadt entdecken wir ein Gebäude, das unsere Aufmerksamkeit anzieht: Es ist seit 1964 ein Campus der LaSalle Universität. Das Gebäude gehört zur klassischen Moderne und erinnert uns an den Bauhaus-Stil. Ein markanter Bau, der auch in einer Folge der Netflix-Serie „Narcos“ zu sehen war – hier entführen Studenten der Guerilla von M-19 die Tochter des Ochoa Clans.
Ein grosses Thema hier und auch in anderen kolumbianischen Städten: Grafitti. Zum Glück gibt es das Smartphone – wir finden immer wieder Grafittis, die uns begeistern und fragen uns: Soll ich das jetzt im ganzen Ensemble fotografieren oder von ganz nah. Meistens machen wir dann beides.
Ein grosses Thema ist der Verkehr: Wir erwarten absolutes Chaos und erleben etwas völlig anderes: Grosszügige mehrspurige Autobahnen durchkreuzen die Stadt – kein einziges Mal sind wir länger als ein paar Minuten im Stau stecken geblieben. Kein Vergleich etwa mit Bankgok, wo es schon mal eine halbe Stunde dauern kann, bis man nur schon in die richtige Richtung einspurt ist. Auf den Hauptachsen sehen wir Dutzende von roten Autobussen „TransMilenia“. Das System existiert erst seit dem Jahr 2000 und besteht heute aus gegen 2000 Fahrzeuge. Die Busse fahren in separaten Spuren und die Haltestelle sehen ähnlich aus wie U-Bahnstationen: Man entwertet sein Ticket am Eingang, sucht die Abfahrtsposition und kann dann fahren, wohin man will.
Zum Thema Verkehr gehört auch das Thema Velo: Fahrräder sind im Stadbild nicht zu übersehen. Am Sonntag sind viele grosse Achsen gesperrt sie gehören dann ganz den Radfahrern.
Und mit den Radfahrern kann man auch Geschäfte machen – und zwar nicht nur mit Snacks und Erfrischungen. Auch mobile Reparaturwerkstätten haben wir gesehen – auf einer Decke liegen ein paar Werkzeuge und Ersatzteile. Gut möglich, dass es Flüchtlinge aus Venezuela sind, die sich in diesem Feld probieren. Auch sie gehören zum Stadtbild – insgesamt sind mehr als eine Million Venezolaner nach Kolumbien geflüchtet. Feindlichkeit oder Abneigung ihnen gegenüber haben wir nie bemerkt eher das Gegenteil und auch wenn ihre Anzahl riesengross ist, so sehen wir immer wieder wie Kolumbianer Herz und Taschen öffnen und Geld geben.
Last but not least ein Wort zum Thema Sicherheit. Es ist noch nicht lange her, da gehörte Bogotá zu den gefährlichsten Städten der Welt, Mord, Raub und Diebstähle waren überall zur Tagesordnung. Seither ist vieles passiert. Als Besucher kann ich aber keine allgemeingültige Aussagen machen. Wir haben uns vor dem Besuch Sorgen gemacht und haben uns strikt an die Ratschläge unsereres Freundes gehalten und viele Quartiere und Gegenden gemieden. Die Einwohner der Stadt sind sehr hilfreich. In einem Fall rieten sie uns davon ab, eine Strasse zu überqueren und das Quartier dort zu besuchen. Immer wieder wurde mir gesagt, ich solle meine Kamera nicht offen tragen sondern in einer Tasche versorgen. Auch aufgefallen ist uns, dass die Fenster alle Häuser, die nicht sehr hoch waren, vergittert sind. Auch Stacheldraht-Absperrungen am oberen ende eines Zauns sind häufig zu sehen. Wir denken dass das wohl nicht ohne Grund passiert.
Tags darauf tun wir es anderen Touristen gleich und fahren auf den Montserrat, den Hausberg von Bogotá. Die Standseilbahn fährt fast im 45 Grad Winkel rauf – und oben ist man auf über 3100 Meter. Schon Bogotá ist ja 2600 Meter hoch und das Spazieren auf dieser Höhe ist richtig anstrengend.
Dafür ist die Vegetation richtig üppig – kein Wunder, es regnet fast jeden Tag einmal und zwar meist am Nachmittag
Man hätte hier einen tollen Blick auf die Stadt – bei unserem Besuch hat uns allerdings der Smog einen Strich durch die Rechnung gemacht. Immerhin, auch so kriegt man eine Ahnung von der immensen Grösse…