Auch das Rietberg-Museum in Zürich hat eine problematische Sammlung und besitzt sogar einige Benin-Bronzen. Die Bemühungen um Rückgabe laufen.
Die Museen und ihre Sammlung sind zur Zeit unter Beobachtung. Das gilt in Zürich nicht nur für die Bührle-Sammlung im Kunsthaus-Neubau, der im Herbst 2021 eröffnet wurde, sondern auch für die Sammlung des Rietberg-Museums. Es gehört weltweit zu den führenden Museen für aussereuropäische Kunst.
In seiner Sammlung befinden sich auch einige der berühmten Benin-Bronzen. Sie gelangten Ende des 19. Jahrhunderts in den Kunsthandel, nachdem sich die britische Kolonialmacht 1897 in einer einzigarten Strafaktion am Königreich Benin im heutigen Nigeria gerächt hat und über 3000 bis 5000 Kunstwerke verschleppt hatte. Die so genannten Benin-Bronzen finden sich weltweit in vielen Museen. Sie gelten als einer der bedeutendsten Kunstschätze Afrikas. Sie entstanden ab dem 13.Jahrhundert und neben Bronze wurde auch Elfenbein und Holz als Material benutzt. Generell sollen über 90 Prozent der Kunstschätze Afrikas ausserhalb des Kontinents sein. Ein Erbe des Kolonialismus.
Das Rietberg Museum besitzt über ein Dutzend solcher Skultpuren, insgesamt sind rund 100 in der Schweiz. In Berlin, Dresden und London sind es wesentlich mehr.
Das Rietberg-Museum ist bereit, diese Werke zurückzugeben und hat sich mit einer Reihe von anderen Schweizer Museen zur so genannten Benin-Initiative Schweiz zusammengetan: „Auch wenn es bislang keine Rückgabeforderungen an Schweizer Museen gibt, ist es unser Anliegen, dass die Museen sich selbst der Verantwortung stellen und die Forschung und den Dialog über dieses sensible Kulturerbe initiieren.“
Moderne Technik würde es möglich machen, solche Werke mit Hilfe eines 3D-Scans und einem 3D-Druck originalgetreu zu kopieren. Die Technik ist mittlerweile so weit entwickelt, dass die Unterschiede nur noch für ausgebuffte Spezialisten zu erkennen wären, erklärt unser Führer, der Kunsthistoriker Damian Christinger.
Das führte mich zu einer sarkastischen Bemerkung: Das Zürcher Landesmuseum besitzt einen berühmten Globus aus dem 16.Jahrhundert aus der Stiftsbibliothek St.Gallen. Er wurde im Toggenburgerkrieg 1712 von Zürich erbeutet und befindet sich seitdem im Besitz des Kantons Zürich und ist Gegenstand eines langen Streites. St.Gallen will den Globus, der im Zürcher Landesmuseum steht, zurück. Kanton und Landesmuseum haben etwas zurück gegeben, allerdings nur eine Kopie. Könnte man mit den Benin-Bronzen gleich verfahren? Offenbar nicht. Meine Facebook-Bemerkung zu diesem Thema wurde von einigen Lesern nicht verstanden: „Warum macht das Museum nicht einfach eine digitale Kopie mit dem 3D-Drucker und gibt die Kopie zurück. Mit dem Globus aus St.Gallen im Landesmuseum hat das auch geklappt.“
Sarkasmus beiseite. Es besteht heute weitgehend Konsens darüber, dass die Benin-Bronzen zurückgegeben werden sollen, entsprechende Verhandlungen laufen seit Jahren und näheren sich einem Abschluss. Nicht überall ist die Sache so einfach wie im Fall der Benin-Bronzen. Was dort geschehen soll, ist unklar.
Zum Schluss ein ganz andere Geschichte: Beim Verlassen der Afrika-Sammlung fällt unser Blick auf eine Darstellung der Geburt Jesu aus Äthiopien. Bemerkenswert: Hier ist das Jesuskind schwarz. Ein passender Beitrag zu den bevorstehenden Festtagen. Es handelt sich, so Damian Christinger, um Ikone, also ein Verehrungsbild, wie sie in Äthiopien seit dem 15.Jahrhundert hergestellt wurden. Sie finden sich auch in der äthiopischen Kirche in Jerusalem.
Zum gleichen Thema gibts auch einen spannenden Podcast, den ich am 28.September mit dem Kunsthistoriker Damian Christinger aufgezeichnet habe.